Beamte mit Übergewicht [1]

Der Fragesteller säh’ es gern,
Wenn von den Damen und den Herrn,
Die für den Staatsdienst sich bewerben,
Wir denen das Konzept verderben,
Die sich durch Übermaß beim Essen
So manche Rundung angefressen,
Weil, wer als Vielfraß sich gebärdet,
Gesundheitlich sei höchst gefährdet.

Stellt man sich auf die Gleichung schlicht
Dick ist gleich krank, so stimmt das nicht.
Es braucht noch nicht mal krank zu werden,
Wer ohne sonstige Beschwerden
Tagtäglich in die Vollen haut
– Sei’s Schinken, Eisbein, Sauerkraut –.
Kurz: Kregler ist manch Dicker oft,
Als mancher Dünne sich’s erhofft.

Der Ludwig Erhard war gesund.
Auch Carlo Schmid war reichlich rund.
Schon Caesar schätzt – wie Shakespeare schreibt –
Nur Männer um sich wohlbeleibt.
Und der meint sicher keine Kranken. –
Gefährdet sind wohl auch die Schlanken.
Welch traurig Los oft denen blüht,
Man klar am Suppenkaspar sieht.

So bleibt zumindest zweifelhaft,
Ob Leibesrund und Lebenskraft
Sich gegenseitig schließen aus.
Wir zieh’n darum das Fazit draus,
Dass wir die personellen Lücken
Auch füllen hier und da mit Dicken,
Wenn nicht so groß des Leibes Last,
Dass man an keinen Schreibtisch passt!

Es bleibt ein Rest, zu sagen peinlich:
Der Fragesteller höchstwahrscheinlich
Ist von der Antwort, die er jetzt
Erhalten hat, nicht voll ergötzt.
Doch Menschen- und Verfassungsrechte
Wohl niemand je missachten möchte;
Drum selten Bäuche nur – auf Ehre! –
Verhindern eine Staatskarriere!

DR. EGBERT MÖCKLINGHOFF,
ehem. Innenminister von Niedersachsen
1980

 


[1] Antwort auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Rudolf Wedekind zur Einstellungspraxis der Landesregierung